Da alle Fraktionen sich geeinigt haben ihre vorbereiteten Haushaltsreden aufgrund der fortgeschrittenen Zeit in diesem
Jahr nicht zu halten , können hier alle Mitbürger zur besseren Transparenz unsere Rede und Beweggründe , nachlesen :
Sehr geehrte Anwesende!
„Nichts ist so unterhaltsam, wie der Streit über ein Buch, das niemand gelesen hat“
(Aus Vortrag von Hannah Ahrendt, 1964/65).
Das obige Zitat mag für unseren aktuellen HH Entwurf 2025ff., der ebenfalls leicht ein ganzes Buch füllen könnte, nicht ganz zutreffen. Die HH Diskussionen im Vorfeld nähren aber den Verdacht, dass man möglicherweise über verschiedene „Bücher“ streitet.
Wie sonst kann es sein, dass die Meinungen zum Inhalt dieses Buches so weit auseinander gehen. Wie kann es sein, dass auf der einen Seite die HH-Lage der Stadt dramatische Züge angenommen hat und der Magistrat exorbitante Steuererhöhungen plant, die „Grünen“ aber nicht sparen oder substanziell konsolidieren, sondern weiter Geld zum Fenster schmeißen wollen, so als gäbe es kein Morgen. Dass sie das dann noch „wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“ nennen, lässt Zweifel aufkommen. Zweifel daran, dass sie dieses Buch, in dem das alles niedergeschrieben ist, wirklich zu Ende gelesen und den Inhalt auch verstanden haben. Zweifel sind u.E hier angebracht, notwendig und auch erlaubt.
Ich höre schon den Aufschrei. Aber lassen Sie uns doch mal zu den Fakten kommen:
Der HH Entwurf für 2025, so wie er vom Bürgermeister vorgelegt wurde, zeigte ein Defizit im Ordentlichen Ergebnis von ca. 6 Mio. €. Auch die folgenden HH 26, 27 u. 28 zeigen chronisch unterdeckte Haushalte von durchschnittlich 5,5 Mio. €. Zusammen mit dem neg. Ergebnis aus 2025 ergibt dies eine kumulierte Gesamtunterdeckung in Höhe von ca. 22.5 Mio. €.
Zur „Kompensation“ dieses Desasters fällt dem Ersteller des HH Entwurfes nicht Besseres ein als die Grundsteuer um 190 %Punkte in 2025, 800 %Punkte in 2027 und nochmals 50 %Punkte in 2028 also um 1040 Punkte auf dann mehr als 1.500 %Punkte zu erhöhen und den Bürgerinnen und Bürgern damit tief und schmerzhaft in die Tasche zu greifen. Der zaghafte Versuch des Magistrats 1.1 % pauschal bei den Sach u.- Diestleistungen zu kürzen (ca. 515 TEUR) , ist nicht mehr als ein nicht ins Gewicht fallender Versuch das Gesicht zu wahren.
Wohlgemerkt: Eine entsprechende Mehrleistung bekommen die Bürgerinnen und Bürger für das Mehr an Steuern nicht!
Wie sehen die sonstigen aktuellen und zukunftsbildenden Rahmenbedingen aus:
a) Substanzielle Ertragserhöhungen aus eigenen Projekten sind im Haushalt nicht abgebildet. Die von den FWB/CDU schon vor Jahren angeregte Gründung einer (eigenen) Stadtbaugesellschaft wurde seit Jahren nicht vorangetrieben. Hier könnten wir als Stadt selbst Geld verdienen.
b) Ein über den kosmetischen Versuch des Magistrat bei Sach und Dienstleistungen zu sparen, ist, wie oben bereits angedeutet, im HH Entwurf 2025 nicht abgebildet. Dafür sind aber zusätzliche 5 bzw. 7,25 Stellen sowie Gehaltserhöhungen und Höhergruppierungen im Stellenplan 2025 vorgesehen.
c) Eine wie auch immer geartete solide Perspektive für eine positive Zukunft ist dem HH Entwurf nicht zu entnehmen
d) Eine positive Gewerbesteuerentwicklung ist tendenziell im HH Entwurf nicht sichtbar. Im Gegenteil: Die im HH Entwurf dargestellten Planwerte zeigen für 2025 ca. 6.7 Mio. €, für 2028 dagegen nur noch ca. 6 Mio. € an erwarteten Gewerbesteueranteilen.
e) Die Anzahl der Arbeitslosen in Babenhausen nimmt tendenziell zu (416 in 2019, 610 in 2023).
f) Die Anzahl der der Einwohner der Stadt im erwerbsfähigen Alter hat sich seit 2019 von 10.737 lediglich um 64 auf 10.801 im Jahr 2023 erhöht. Positive Trends sind im HH Entwurf daher auch nicht zu erkennen.
g) Die Anzahl der am Ort Sozialversicherungspflichtigen nimmt ab.
h) Entgegen diesen Trends wird im HH Entwurf bis 2028 von einer Steigerung der Einkommenssteueranteile um ca. 2.4 Mio. € ausgegangen (Planwert 2024: ca. 12.16 Mio. €, Planwert 2028: ca. 14.56 Mio. €). Vermutlich resultieren diese Erhöhungen lediglich aus den zu erwartenden Lohn- u. Gehaltserhöhungen.
i) Die vielbeschworene Überalterung der Gesellschaft findet in Babenhausen offenbar nicht statt. Wie aus dem HH Vorbericht hervorgeht, lag der Anteil der Senioren in den Jahren 2019 bis 2023 stabil bei ca. 19% bezogen auf die Gesamtbevölkerung unserer Stadt.
j) Der bekannt prekäre Zustand der städtischen Infrastruktur inkl. Immobilen hat sich in den letzten Jahren, wenn überhaupt, nur unwesentlich zum Besseren verändert. Schätzungen der Stadt in der Vergangenheit kamen zu dem Ergebnis, dass es hier über die aktuell notwendigen Investionen, einen zusätzlichen Sanierungsstau in exorbitanter Höhe von mehr als 150 Mio. € gibt.
k) Durch das drohende Aus für den Bebauungsplan der Kaserne, werden wirtschftliche Folgen in bislang nicht abschätzbarem Umfang auf die Stadt zukommen. Vorsorge dafür ist in dem HH Entwurf nicht zu erkennen.
Resümee:
Die prekäre wirtschaftliche Lage der Stadt mit einem immer noch vorhanden Sanierungsstau in exorbitanter Höhe von > 150 Mio. €, fehlender Entwicklung stabiler Ertragsquellen, rückläufiger Zahl von Erwerbstätigen mit einem damit verbundenen neg. Einfluss auf die Einkommensentwicklung, abnehmende Gewerbesteuereinnahmen, wachsende Aufwendungen in Zukunft für die Übernahmen von Aufgaben des Bundes, sowie das Fehlen belastbarer bzw. realistischer Zukunftsperspektiven, sollte uns nicht zum oberflächlichen Streiten, sondern zu seriösem Nachdenken bewegen. Laut rumschrein kann (fast) Jeder. Konstruktiv nach Lösungen suchen aber nur Diejenigen, die es ernsthaft versuchen.
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei allen, die an der Erstellung des HH Entwurfes beteiligt waren. Allen voran unser Dank an Frau Pirang!